„Die Kanaren sind offen“, sagt meine Frau, „unter 50, kein Risikogebiet mehr, ich will weg hier aus dem November-trüben Berlin, lass uns wieder nach Lanzarote fliegen!“
„Aber nur, wenn du nicht wieder in einem schwarzen Loch voll brodelnden Wassers verschwindest,“ sage ich.
Los Hervideros, das ist ein Küstenabschnitt im Südwesten der Insel, stete starke Brandung hat die Klippen zum Einsturz gebracht, übrig blieben Löcher, in denen das Wasser brodelt. Und manchmal auch derart in die Höhe schießt, dass es einen in die Tiefe reißen kann.
Bei einem unserer letzten Besuche schoss also das Wasser derart in die Höhe, dass es beinahe einen folgenschweren Abgang gegeben hätte, puh, Reisen ist Abenteuer, okay, aber Glück schadet auch nicht!
Sie hatte solches, und wir konnten nass, aber immerhin die Fahrt fortsetzen.
Südlich schließen sich die Salinen del Janubio an, riesige Felder zur Salzgewinnung, welche man auf Spaziergängen durchstreifen, aber auch vom Mirador de Salinas von oben betrachten kann.
Bis zu 10000 t Salz jährlich wurden hier seit dem 19. Jahrhundert durch die Verdunstung von Meerwasser gewonnen, um Fisch und Fleisch haltbar zu machen für die Reise aufs spanische Festland, aber auch nach Südamerika.
Dann geht es auf fast schnurgerader Straße durch schwarze Lavafelder in den südlichsten Inselort, nach Playa Blanca – mit eben solchem, hellen Sand, was nicht so häufig auf dieser Vulkaninsel vorkommt. Von hier kann man einen Blick auf das nur 25km entfernte Fuerteventura werfen oder am Strand entlang zu den goldgelben Papagayo-Stränden wandern.
Wir ergehen uns ein Weilchen auf der Strandpromenade, wir sind nicht die einzigen, kann man verraten, obwohl seit dem Brexit die vielen Besucher von der Insel fehlen, und winden uns dann auf schmaler Straße nach Femés empor.
Ein stilles Bergdorf auf über 400m Höhe, wo man sich direkt am steil abfallenden Hang am besten kurz vor Sonnenuntergang einen Kaffee oder einen Sundowner gönnt, Jacke gegen den Wind nicht vergessen, und dann einfach nur schauen und schwelgen!
Unser Hotel
Wir sind wieder im Costa Calero Thalaso & Spa in Puerto Calero abgestiegen, 5km von dem bekannteren Puerto del Carmen entfernt, kleiner, ruhiger als jenes.
Sitzen auf dem Balkon unserer Suite, blicken aufs Meer, in der Ferne Fuerteventura, vor uns der kleine Hafen mit einigen gigantischen Segelbooten. Die Sonne scheint uns auf den Bauch, während es in Berlin trübe Winterstimmung gibt.
Ich lese von Schorlau und Caiolo „Der freie Hund“ und fühle mich grad als solcher, okay, spielt in Venedig, aber das stört keinen großen Geist.
Unser Tipp: sparen Sie nie am Zimmer, lassen Sie sich nie einreden, Sie seien ja eh die meiste Zeit draußen, nee, so ein Balkon zum Beispiel ist die halbe Erholung!
Was man auch wieder vom gebuchten All Inclusive sagen kann. Man muss ja nicht, aber man kann sich den Bauch mit Leckerem vom Buffet vollstopfen, und bis 24.00 Uhr kann man gepflegt an einer der Bars den Durst löschen.
In der Anlage gibt es mehrere Pools, einen davon mit Meerwasser, einen Kinderpool, einen im Winter beheizten Pool, einen riesigen üppigen Garten mit verschiedenen Palmen und sonstigen teils blühenden Bäumen, in denen zum Sonnenuntergang Unmengen von Vögeln Konzerte geben.
Vom Balkon aus haben wir wie gesagt den Blick aufs Meer und auf den kleinen Hafen.
Hier kann man übrigens auch Touren auf einem „Yellow Submarine“ buchen – ein kleines U-Boot, das uns auf einer Unterwassertour zu versunkenen Schiffen und Myriaden von ob unseres Besuches sehr aufgeregten Fischen führt.
Außerdem ist die Insel ideal zum Wandern!
Zahllose Touren führen an den Küsten entlang, aber auch zu erloschenen Vulkanen und um diese herum. Unsere Lieblingstour startet praktisch, praktisch direkt am Hotel.
Rechts rum geht es entlang der Küste nach Playa Quemada. Wenn man es nicht besser wüsste, dächte man: hier ist die Welt zu Ende! Hohe Berge versperren den Weg am Meer entlang.
Links aus dem Hotel geht es entlang der Küste – wird als Strandpromenade verkauft, ist es aber nur Piste – nach Puerto del Carmen und von dort fast ununterbrochen am Strand entlang zuerst zum nur sparsam frequentierten Flughafen und dann nach Arrecife, der Inselhauptstadt.
Ein einziges Hochhaus gibt es auf Lanzarote, und das steht hier in Arrecife: das Gran Hotel mit 17 Stockwerken. Schummeln Sie sich ruhig an der Rezeption vorbei und fahren Sie mit einem der Fahrstühle nach oben!
Dort finden Sie ein Restaurant und ein Café. Genießen Sie am besten bei Tageslicht den Blick über die Insel! Die Investition in Kaffee und Torte ist nicht verschwendet.
Das war es dann aber auch mit Arrecife; mehr gibt es dort nicht wirklich zu sehen, und auch shoppen kann man anderswo effektiver.
Fast, muss man sagen, denn in den letzten Jahren hat sich Arrecife doch etwas gemausert. Aus dem Gran Hotel Richtung Osten ( nicht am Strand entlang ) gelangt man zum Parque Municipal und dort zum Castillo de San José – rechts über die Punta de las Bolas.
Im Castillo moderne Kunst, von der Brücke ein schöner Blick auf die Altstadt. Von der Punta rechts geht man ein paar hundert Meter zum alten Binnenhafen Charco de San Gines. Um diesen herum viele Bars und Cafés, in denen man vor allem am Nachmittag hübsch in der Sonne sitzen und das Leben genießen kann.
Die Insel und der Baumeister
Erst mal scheiden sich an Lanzarote, der nördlichsten der großen Kanaren-Inseln, westlich von Marokko im Atlantik gelegen, die Geister.
Tatsächlich ist die gute Nachricht: es wird dort nie einen Waldbrand geben!
Aber die schlechte Nachricht ist: es gibt dort eben auch keinen nennenswerten Wald.
Ich wollte deswegen dort eigentlich nie hin, weil ich üppiges Grün mehr mag.
Weite Teile der Insel sind karg, dunkle Lavabrocken liegen überall herum, schimmern allerdings zum Beispiel in den Feuerbergen im Südwesten der Insel in verschiedensten aufregenden Farben von schwarz über braun, rot, ocker bis zu gelb.
Im nächsten Moment wechseln die Farben; in der Geria, ebenfalls im Südwesten der Insel, wird auf abenteuerliche, nichtsdestoweniger überaus durchdachte Weise Wein angebaut; der Kontrast zwischen schwarzer Lava und zartem Grün streichelt die Augen und die Seele!
So lernt man die Kargheit lieben!
Und wenn man aus Berlin kommt, dann fällt außerdem auf: es ist so sauber! Kein Abfall auf den Straßen, kein Graffiti an den Wänden… Liegt das am Einfluss des derzeit bekanntesten Sohnes der Insel, an Cesar Manrique, der seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts einen Baustil pflegte, der schon früh Häuser, Gärten, Museen im Einklang mit der umgebenden Natur entstehen ließ!? Überall werden Lavasteine verwendet, wechseln sich ab mit den typischen weiß getünchten Häusern, bewachsen mit Blumen und Sträuchern, die das ganze Jahr blühen.
Bewundern kann man seine Ideen zum Beispiel an den Jameos del Agua, in einem ihm gewidmeten Museum, in seinen Häusern, im Jardin de Cactus,
am Mirador del Rio, einem in den Fels gebauten Aussichtspunkt mit Museum und Café ganz im Norden der Insel. Hier hat man einen grandiosen Blick auf die kleine Nachbarinsel La Graciosa, die Anmutige.
Die von Manrique selbst oder in seinem Geist geschaffenen Anlagen fügen sich in die Landschaft ein, verschmelzen mit ihr, teilweise liegen sie unter der Erde, man sieht sie erst im letzten Moment.
Seine Ideen beindruckten die Inselregierung so sehr, dass eigentlich strenge Regeln für das Bauen in die Höhe und hinsichtlich der Baugebiete erlassen wurden; Hotels wie auf Teneriffa oder Gran Canaria sollte es hier nicht geben.
Allerdings haben auch auf Lanzarote illegale Bautätigkeit und Korruption in den letzten Jahren zur Verschandelung vieler Küstenorte geführt.
Allein in Playa Blanca im Süden der Insel wurden seit 2007 über 7000 (!) Unterkünfte als illegal gebaut eingestuft, unter anderem auch die luxuriösen Hotels Gran Mélia und das Princesa Yaiza. Sie müssten eigentlich abgerissen werden. Da wagt sich aber keine/r ran, natürlich.
Einstweilen sitzen wenigstens die korrupten Politiker schon mal ihre Haftstrafen ab.
Ein Ausflug zu den Feuerbergen
Heute fahren wir mit dem Auto wieder in den Westen der Insel, zu den Montanas del Fuego. Zwischen 1730 und 1736 verwandelten hier Vulkanausbrüche ein Viertel der Insel in eine Mondlandschaft. Heute gibt es hier den Nationalpark Timanfaya.
Auf einer Bustour kann man den Park kennen lernen, erleben, welche Wirkung ca. 400 Grad in 6m Tiefe entwickeln, wenn man sie frei lässt.
Darüber sinnieren, welche Urgewalten da am Werke waren.
Zehn Dörfer wurden verschüttet, angeblich kam aber nur ein Mensch bei den Ausbrüchen ums Leben; die meisten Bauern hatten sich vorab in Sicherheit gebracht.
In Mancha Blanca, weiter nördlich, haben sie zum Dank eine Kirche gebaut, die Ermita Virgen de las Dolores (Schmerzenskirche), weil die Madonna die Lavaströme knapp vor dem Ort angehalten hatte. Allerdings musste diese der Überlieferung nach die vergesslichen Bewohner mahnen, den Kirchbau nicht zu „vergessen“, nun, da der Spuk vorbei sei, sie könne gerne noch ein wenig Lava nachliefern, sollte es an Dankbarkeit fehlen.
Ein Schelm, wer da nicht an aktuelle Seuchen denkt. Was wird uns die Natur als nächstes senden, wenn wir nichts lernen…?
Zurück auf die Insel. Nach der Bustour konnten wir nicht anders: 2km vom Nationalpark entfernt warten Kamele auf uns, von deren Rücken aus man die Landschaft in sanftem Schwingen bestaunen kann, voilà!
Markt in Teguise
Für diesen Ausflug sollte man am Sonntag früh aufbrechen. Ziemlich in der Mitte der Insel liegt Teguise, und dort gibt es am Sonntag von 9 bis 14 Uhr den größten Markt der Insel. Allerdings werden Sie auch hier nicht allein sein! „Schauen, handeln, kaufen“, sagt der Reiseführer.
Wir sagen: wer die Nase voll hat, der verlässt den Markt und fährt mit dem Auto hoch zum Castillo de Santa Barbara. Achtung: viel Wind! Hier hat man nicht nur eine super Aussicht auf Teguise, sondern nach allen Seiten bis zum Meer!
Wieder runter vom Castillo – wir fahren Richtung Norden, hier ist die Landschaft grüner als im Süden, die Straße windet sich am Berg, mal hoch, mal runter, gibt Ausblicke frei, bevor wir nach Haría gelangen. Lieblingsplatz: das Café am Eingang zum Plaza Léon y Castillo – nicht unbedingt wegen des Angebotes, sondern wegen der Idylle!
Wobei wir schon ein Weilchen warten mussten, um dieses Bild zu erhaschen!
Aber der Ort bietet auch mehr: nachdem Meister Manrique der Trubel in seiner neu gebauten Villa in Taro in der Inselmitte zu viel wurde, kaufte und restaurierte er hier ein altes Bauernhaus.
In der Nähe befindet sich auch sein Grab. 1992 kam er mit 73 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben, der wohl in nüchternem Zustand vermeidbar gewesen wäre.
Für uns ist es langsam Zeit zur Heimreise; obwohl es im Hotel schon sehr weihnachtet und wir gerne blieben, warten Braten und Klöße zu Hause.
Zwei haben wir noch: erstens den Strand von Famara, ein immer stürmisches Paradies für Surfer mit hellem Sand, einladend auch für Sonnenanbeter.
Zweitens gibt es bei so vielen Deutschen auf der Insel natürlich auch deutsche Bäcker, die einen mit Leckereien aller Art versorgen. Eine Bäckerei sei hier erwähnt, weil dort auch einheimische Familien verkehren und das Angebot wirklich lecker ist: die Bäckerei Levain in Tahiche.
Von Arrecife Richtung Teguise fahren – hinter der Autobahn im dritten Kreisverkehr, das ist die Kreuzung, an der der Meister ums Leben kam, ein von ihm geschaffenes Windspiel.
und links die Fundación César Manrique – im fünften Kreisverkehr rechts ab Richtung Kaktusgarten, dann gleich rechts die Bäckerei.
Guten Appetit – so können sich hier die Geister wieder vereinen.
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